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Dritte Konjunkturumfrage: Lage im Norden bleibt angespannt

Krisenbewältigung in der M+E-Industrie wird Jahre dauern

NORDMETALL und AGV NORD haben ihre Mitgliedsunternehmen zwischen Ende September und Anfang Oktober zum dritten Mal in diesem Jahr nach den Folgen der Corona-Krise für ihr Geschäft befragt. „Die Ergebnisse belegen, dass die Pandemie der norddeutschen M+E-Industrie weiter erhebliche Probleme bereitet, in einigen Branchen sogar dramatische Folgen hat. Die Unternehmen befürchten, dass die Bewältigung noch Jahre dauern wird“, resümiertDr. Nico Fickinger, Hauptgeschäftsführer von NORDMETALL und AGV NORD.

Im Einzelnen ist die Kapazitätsauslastung der Betriebe mit 75,7 Prozent seit Beginn der Corona-Krise um nicht einmal vier Punkte gestiegen. Im Frühjahr 2018 hatte sie zuletzt den Spitzenwert von 89,9 Prozent erreicht. 46 Prozent der Unternehmen bezeichnen ihre Geschäftslage als unbefriedigend oder schlecht – nur vier Prozent weniger als im Juni. Am härtesten trifft es den Luft- und Raumfahrzeugbau, dessen Betriebe die Geschäftslage zu 80 Prozent als unbefriedigend oder schlecht bezeichnen, gefolgt von Gießereien (64 Prozent), den Herstellern von Metallerzeugnissen (61 Prozent), dem Maschinenbau (57 Prozent), den industrienahen Dienstleistern (56 Prozent) und dem Schiffbau (50 Prozent).

48 Prozent aller Unternehmen leiden unter Auftragsmangel, so viele wie noch nie seit Beginn der Corona-Krise. Gut die Hälfte der norddeutschen M+E-Unternehmen wagt keine Prognose, wann das Vorkrisenniveau wieder erreicht werden könnte, 18 Prozent erwarten dies frühestens Ende 2021, der Rest zwischen Ende 2020 und Mitte 2021. 42 Prozent der Betriebe wollen ihre Investitionen einschränken, mehr als doppelt so viele wie vor eineinhalb Jahren. 60 Prozent der Unternehmen erwarten für dieses Jahr einen Umsatzrückgang, an der Spitze die Firmen im nordwestlichen Niedersachsen (73 Prozent), in Hamburg (66 Prozent) und Bremen (60 Prozent). Im Schnitt sinken die Erlöse dieses Jahr um mehr als 20 Prozent.

47 Prozent aller befragten Unternehmen nutzen nach wie vor das Instrument der Kurzarbeit (Juni: 52 Prozent). Im Schiffbau geht man davon aus, dass es mindestens noch 14, im Luft- und Raumfahrtbau noch zwölf Monate eingesetzt wird. Der Anteil der Unternehmen, die betriebsbedingte Kündigungen aussprechen mussten, verdoppelte sich im Norden seit dem Juni knapp auf jetzt 7,9 Prozent. Fast ein Drittel der Betriebe plant einen Personalabbau im kommenden Jahr. 

58 Prozent der norddeutschen M+E-Unternehmen sehen sich nicht in der Lage, den Preis- und Kostendruck aufzufangen – so viele wie noch nie seit 2013. Drei Viertel machen dafür vor allem die hohen Arbeitskosten in Deutschland verantwortlich. 58 Prozent beurteilen die negativen Einflüsse der internationalen Politik als erschwerende Wirtschaftsfaktoren.  

Dr. Nico Fickinger: „Die Talsohle nach dem schweren Corona-Einbruch scheint zwar erreicht, die Rückkehr zum Vorkrisenniveau vollzieht sich aber nur im Schneckentempo und wird Jahre brauchen. Insbesondere Schiff- und Luftfahrzeugbau sowie Gießereien und Metallerzeuger sind hart getroffen. Der Erhalt von Arbeitsplätzen wird in den nächsten Monaten deutlich schwerer werden, wenn sich die Auftragslage nicht bessert. Wir appellieren an die Gewerkschaft, angesichts dieser Krisensituation in der kommenden Tarifrunde keine neuen Kosten für die Unternehmen zu verursachen und stattdessen mit uns gemeinsam anzupacken, um Betriebe so weit wie möglich zu entlasten und Arbeitsplätze zu erhalten. Auch die Politik sollte neue Bürokratie und weitere Einschränkungen vermeiden. Für komplizierte Lieferkettengesetze, eine Beschneidung des Werkvertragsrechts oder einen Anspruch auf Homeoffice ist jetzt überhaupt nicht die Zeit. Genau das Gegenteil, nämlich ein möglichst flexibler Personaleinsatz, ist das Gebot der Stunde, wenn der Stellenabbau gebremst und ein rasches Wiederhochfahren der Wirtschaft gefördert werden soll.“ 

192 Unternehmen mit rund 66.000 Beschäftigen aus beiden Verbänden nahmen an der Befragung in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und dem nordwestlichen Niedersachsen teil. 

Die Detailergebnisse finden Sie hier.