- Wirtschaft und Statistik
IW-Konjunkturprognose: Wirtschaftsleistung sinkt in 2020 um 6,25 Prozent
Kein Ereignis der vergangenen 70 Jahre hat die deutsche Wirtschaft so stark beeinträchtigt wie die Corona-Pandemie. Nach der aktuellen IW-Konjunkturprognose sinkt das deutsche Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2020 insgesamt um knapp 6¼ %. Vorausgesetzt, es gibt keinen zweiten Lockdown.
Die Exporte sind eingebrochen, der private Konsum ist stark zurückgegangen. Immerhin hat der Sommer etwas Hoffnung gebracht: Die staatlichen Hilfen und die Bauwirtschaft kurbeln die Konjunktur an. Die Industrie arbeitet sich auch wieder aus dem Tal heraus.
Für 2021 rechnen die Wissenschaftler mit einem Zuwachs von knapp 4 ½ Prozent – vorausgesetzt, es kommt nicht zu einem erneuten Lockdown.
Der Private Konsum liegt in diesem Jahr 6 ½ Prozent unter dem Vorjahresniveau. Voraussichtlich werden viele Bundesbürger größere Anschaffungen, die sie eigentlich erst für 2021 geplant haben, vorziehen, um die Mehrwertsteuersenkung zu nutzen. Das wird zwar zu einem kleinen Einbruch im ersten Quartal 2021 führen. Im Jahresverlauf wächst der Konsum dann aber um knapp vier Prozent.
Unternehmen investieren in wirtschaftlichen Krisenzeiten typischerweise deutlich weniger – entsprechend schrumpfen die Investitionen in diesem Jahr um fast 20 Prozent. Stabilisiert sich die Weltwirtschaft weiter, ist aber auch hier Erholung in Sicht: Die IW-Konjunkturexperten rechnen für 2021 mit einem Zuwachs von 12 ½ Prozent.
Im ersten Halbjahr haben die Bundesbürger nicht mehr so kräftig gebaut. Kein Wunder: Kurzarbeit und Unsicherheit lassen viele von größeren Projekten zurücktreten. Dennoch wird bei Bauvorhaben im laufenden Jahr ein Wachstum von zwei Prozent erreicht, für 2021 sind noch 1 ½ Prozent realistisch.
Die Pandemie hat die Weltwirtschaft und damit auch den deutschen Außenhandel stark beeinträchtigt, die Exporte liegen im Jahresdurchschnitt 13 ¾ Prozent unter den Werten des Vorjahres. 2021 wachsen sie um 9 ½ Prozent. Die Importe sinken in diesem Jahr um 9 ¾ Prozent und steigen im kommenden Jahr um 9 ½ Prozent.
Die Pandemie trifft den deutschen Arbeitsmarkt mit deutlich mehr Wucht als die Finanz- und Wirtschaftskrise 2009. Zwar sorgt die Kurzarbeit dafür, dass Unternehmen nicht allzu viele Mitarbeiter entlassen müssen – dennoch sinkt die Zahl der Erwerbstätigen in diesem Jahr um 350.000. Nur wenige Arbeitsuchende finden einen Job, entsprechend gibt es in diesem Jahr etwa 500.000 Arbeitslose mehr als im Vorjahr.
In der Europäischen Union (EU) wurde das Vorjahresergebnis im zweiten Quartal 2020 um gut 14 Prozent unterschritten. Die stärksten Einbrüche gab es dabei in Spanien (-22 Prozent), Frankreich (-19 Prozent) und Italien (-17 Prozent). In Deutschland sank das BIP im zweiten Quartal um gut 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Vereinigten Königreich lag die Wirtschaftsleistung um 20 Prozent und in den USA um 10 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Mit den schrittweisen Lockerungen kam es ab Mai zu teilweise kräftigen Erholungseffekten. Diese werden in vielen Ländern durch umfangreiche Konjunkturpakete angestoßen. Für die gesamte EU belaufen sich die fiskalpolitischen Maßnahmen auf insgesamt 750 Milliarden Euro. Hinzu kommen umfangreiche geldpolitische Impulse, die zu großen Teilen erst später wirksam werden.
"Glücklicherweise hat die Wirtschaft im Sommer dank niedriger Corona-Fallzahlen wieder aufholen können", sagt IW-Direktor Michael Hüther. "Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, werden wir zum Jahreswechsel 2021/2022 das Vorkrisenniveau wieder erreicht haben."
Den ausführlichen aktuellen IW-Report zur Konjunkturprognose (22 Seiten) finden Sie hier.