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  • Fachkräftesicherung

Auswirkungen von Corona auf die duale Ausbildung

Wir haben die wichtigsten Veränderungen und aktuellen Entwicklungen für Sie zusammengestellt.

1. Absage aller IHK-Prüfungen und Ausfall des Berufsschulunterrichts

In der Folge der weiteren Ausbreitung des Corona-Virus haben sich die IHK-Gremien darauf verständigt, vom 16. März bis vorerst 24. April sämtliche Prüfungen der beruflichen Aus- und Weiterbildung nach Berufsbildungsgesetz (BBiG) abzusagen. Die IHK-Organisation begründet die Absage mit dem gemeinsamen Aufruf der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidenten, die Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen und besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen zu schützen. Die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfungen sei nicht mehr möglich. Wann die Prüfungen nachgeholt werden können, ist derzeit noch offen. Die Industrie- und Handelskammern werden die neuen Termine bekanntgeben, sobald sich die Risikoeinschätzung rund um das Coronavirus wieder verbessert hat.

Aufgrund des generellen Unterrichtsausfalls sind Auszubildende grundsätzlich verpflichtet, zur Fortsetzung der Ausbildung im Betrieb zu erscheinen. Der Freistellungstatbestand aus § 15 Abs. 1 Nr. 1 BBiG entfällt. Sofern jedoch die jeweiligen Berufsschulen Unterrichtsmaterial über Lernplattformen oder in ähnlicher Art und Weise zur Verfügung stellen, ist davon auszugehen, dass den Auszubildenden zur Bearbeitung dieser Materialien ausreichend Zeit während der Ausbildung zur Verfügung gestellt werden muss. Da zudem in vielen Fällen aufgrund von vorübergehenden Betriebsschließungen oder Kurzarbeit keine reguläre Ausbildung mehr möglich ist, müssen in jedem Fall individuelle Absprachen zwischen  Ausbildungsbetrieb und Auszubildenden erfolgen. Grundsätzlich ist der Ausbildungsbetrieb verpflichtet, alle verfügbaren Mittel auszuschöpfen, um die Ausbildung weiter zu gewährleisten.

2. Dauer des Ausbildungsverhältnisses aufgrund veränderter Prüfungssituation

Grundsätzlich endet das Ausbildungsverhältnis gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 BBiG mit dem Ablauf der Ausbildungszeit entsprechend der Vereinbarung im Ausbildungsvertrag (in der Regel am 31. Juli oder 31. August). Lediglich wenn vor Ablauf der Ausbildungszeit die Abschlussprüfung erfolgreich absolviert wurde, endet das Ausbildungsverhältnis bereits mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses (§ 21 Abs. 2 BBiG).

Relevant ist die Prüfungsverschiebung daher zunächst überhaupt nur für Ausbildungsverhältnisse, deren Dauer vertragsgemäß am 31. März oder am 30. April endet. Dies dürfte nur eine geringe Anzahl von Ausbildungsverhältnissen betreffen. Im BBiG ist der Fall nicht ausdrücklich geregelt, in dem die Abschlussprüfung erst nach dem ursprünglich vereinbarten Ende des Ausbildungsverhältnisses stattfindet. Laut Rechtsprechung verlängert sich das Ausbildungsverhältnis in diesem Fall aber nicht automatisch bis zum nächsten Prüfungstermin (sofern die Vertragsparteien keine anderslautende Regelung treffen). Der Auszubildende könnte aber natürlich gemäß § 8 Abs. 2 BBiG die Verlängerung seiner Ausbildung beantragen – sofern das Ziel der Ausbildung gefährdet ist. Hierüber entscheiden dann die zuständigen Stellen (die für Sie zuständige Kammer). Diese Möglichkeit wurde bislang aber sehr restriktiv ausgelegt und nur in Ausnahmefällen (z. B. längerer Ausfall aufgrund von Krankheit) positiv beschieden. In der aktuellen Zeit wird sich die Lage da möglicherweise wenden. 

Ein besonderer Fall ist noch die Wiederholungsprüfung: Bestehen Auszubildende die Prüfung nicht, so verlängert sich das Ausbildungsverhältnis auf Verlangen des Auszubildenden bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, längstens jedoch um ein Jahr (§ 21 Abs. 3 BBiG). Da in diesem Fall explizit auf den Termin der Prüfung abgestellt wird, bedeutet dies in der aktuellen Situation, dass sich das Ausbildungsverhältnis  in dieser Konstellation (so genannte „Nachlehre“) so lange verlängert bis die Prüfung tatsächlich stattfindet (oder der Jahreszeitraum abläuft).

3. Kurzarbeitergeld für Auszubildende

Auszubildende erhalten normalerweise kein Kurzarbeitergeld, weil in der Regel auch bei vermindertem Arbeitsvolumen die Ausbildung fortgesetzt werden soll. Betriebe sind verpflichtet sicherzustellen, dass das Ausbildungsziel erreicht wird (§ 14 BBiG).

Wenn die Unterbrechung der Ausbildung unvermeidlich ist – z.B. bei einer Corona-bedingten kompletten Schließung – können Auszubildende in die Kurzarbeit einbezogen werden. Allerdings muss die Ausbildungsvergütung für mindestens 6 Wochen in vollem Umfang weitergezahlt werden, da es sich bei der Ausbildungsvergütung nicht um einen Lohn für eine Arbeitsleitung handelt, sondern um finanzielle Hilfen für den Auszubildenden zur Durchführung der Ausbildung (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG).

Die BDA hat sich am 21. März mit folgender Forderung dazu ans BMAS gewandt:

Kurzarbeitergeld sollte auch für Azubis, die auch in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, gezahlt werden können und zwar dann:

  1.  wenn Betriebe behördlich angeordnet geschlossen werden.
  2. wenn Betriebe aufgrund der Krise geschlossen sind, allerdings nur mittelbar, weil keine Aufträge mehr reinkommen z.B. Friseure dürften geöffnet bleiben, haben aber keine Kundschaft mehr; Hotels beschließen eigenständig zu schließen mangels Buchungen usw., und kann der Betrieb nicht mehr ausbilden, muss bisher die Vergütung von Auszubildenden für 6 Wochen weiter gezahlt werden. Damit war bisher die Gewährung von KuG nicht möglich. Hier sollte für die Zeit der Corona-Krise auch Kurzarbeit möglich sein.

Sobald der Azubi wieder ausgebildet werden kann, ist dieser wieder zu beschäftigen und Ausbildungsvergütung zu zahlen. „Produziert“ ein Betrieb noch und ist die Ausbildung ggf. in einer anderen Abteilung weiter möglich, soll dem Auszubildenden weiterhin ein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung bis zur Dauer von 6 Wochen zustehen.